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CTH 391.1

Citatio: B. Christiansen (ed.), hethiter.net/: CTH 391.1 (INTR 2017-02-07)

Das Ritual der Ambazzi

(CTH 391.1 )

Textüberlieferung

A

A1

KUB 9.25

Bo 7842

A2

+ KUB 27.67

Bo 647

+ Bo 5417

A3

KBo 43.35

239/g

A4

unveröff.

Bo 7918

B

KBo 53.21

1563/u

C

unveröff.

Bo 3121

Der Erhaltungszustand von Textvertreter A, der vierkolumnigen Tafel KUB 27.67, stellt sich aufgrund der Joins mit KUB 9.25 und KBo 43.35 wie folgt dar:

Vs. I besteht aus 47 teilweise nur fragmentarisch erhaltenen Zeilen. In Vs. I 1-9 bestehen vor allem im Mittelteil Lücken, von den Zeilen 10-32 fehlen sowohl der Anfangs- als auch Endteil. Von 33-45 ist der Beginn und mittlere Teil nur fragmentarisch erhalten. Nach Zeile 47 ist der Text abgebrochen.

Die Vs. II des Textvertreters A umfasst 69 Zeilen und ist nahezu vollständig überliefert. Es fehlen lediglich einzelne Zeichen oder Zeichengruppen am Anfang, in der Mitte und am Schluss von 19-22 sowie jeweils am Zeilenanfang von 24-32 und 49-69.

Die Rs. III besteht aus 70 Zeilen, die zu großen Teilen erhalten sind. Es fehlen lediglich die Zeilenanfänge und -enden von 1-2, die Zeilenanfänge von 3-18, die Zeilenenden von 25-26, 28, 30, 52-54 sowie einzelne Zeichen und Zeichengruppen im Zeileninnern von 27, 29, 38, 46-50, 59-61.

Von der Rs. IV sind 44 Zeilen überliefert, wobei ein Großteil nur fragmentarisch erhalten ist und der Beginn der Kolumne gänzlich fehlt. ␣␣wobei der Beginn der Kolumne fehlt und ein Großteil der Zeilen nur fragmentarisch erhalten ist. Vor allem im Mittelteil befinden sich größere Lücken, während von der zweiten Hälfte der Kolumne vor allem die Zeilenanfänge fehlen.

Von Textvertreter B, der ursprünglich vierkolumnigen Tafel KBo 53.21, liegen von Vs. I 18 Zeilen des Mittelteils vor. Von den ersten vier Zeilen sind auch die Zeilenanfänge noch erhalten. Von Rs. IV sind 12 fragmentarische Zeilen überliefert. Dabei sind von 1'-10' noch die Zeilenanfänge erhalten, während Zeile 12' nur noch die Reste zweier Zeichenaufweist

Das Textfragment KBo 45.189 (85/t), das von Christiansen B. 2006a, 31, noch zum Ritual der Ambazzi CTH 391.1 gezählt wurde, konnte inzwischen dem Ritual der Maštigga CTH 404 zugewiesen werden.

Fundort und Editionsgeschichte

Von den Tafeln Bo 7842, Bo 647 und Bo 5417 fehlt eine Angabe des Fundortes, dieser kann jedoch durch einen Join annähernd bestimmt werden. Tafel Bo 7842 wurde 1923 von H. Ehelolf in KUB 9 unter der Nummer 25 in Autographie publiziert, die Tafeln Bo 647 und Bo 5417 sind 1934 in Autographie erschienen. Publiziert wurden sie in KUB 27 unter der Nummer 67 von C.-G. von Brandenstein. 239/g wurde während einer Grabung von 1937 im Bereich m/11-12des Hauses D von Büyükkale gefunden.. Eine Autographie wurde von H. Otten und C. Rüster 2002 in KBo 43 unter Nummer 35 publiziert.

Die Tafel 1563/u wurde während der Grabung von 1962 im Bereich des Tempels I von Büyükkale unter Grabungsschutt gefunden, bei dem es sich vermutlich um Fallschutt von den Ostmagazinen L/19 handelt. Eine Autographie wurde 2005 in KBo 53 von J.L. Miller unter Nummer 21 veröffentlicht.

Eine Übersetzung der Hauptpartien von Textvertreter A hat Goetze 1969c A., 348-349 vorgelegt, eine Transliteration und Übersetzung derselben Tafel wurde von García Trabazo J.V. 2002a publiziert. Eine Bearbeitung mit kritischem Kommentar unter Berücksichtigung aller drei Textvertreter erfolgte von Christiansen B. 2006a. Der Anschluss von 239/g an KUB 27.67+ wurde 2007 von J.L. Miller insbesondere aufgrund derselben Handschrift beider Fragmente vorgeschlagen, derjenige von Bo 647 von F. Fuscagni 2015.

Inhaltsübersicht

§ 1-2

Als Grund für die Durchführung des Rituals von Ambazzi wird die Behandlung der Gottheiten bzw. „Dämonen“ Zarniza und Tarpatassa angegeben. Wie der weitere Verlauf des Rituals deutlich macht, handelt es sich bei ihnen um schadensstiftende Mächte, von deren negativen Einflüssen die Ritualherren befreit werden sollen (vgl. z.B. Vs. I 30-33, Vs. II 31-32, Rs. III 34-37, 64-66). Als erste Handlung wird ein Analogieritus durchgeführt. Dabei werden Wacholderholz(?) und und verschiedene Getreidesorten in einer roten Schale geröstetund dann mit Wasser gelöscht.W In der begleitenden Rezitation wird der Wunsch geäußert, dass das Böse ebenso über den Ritualherrenerlöschen soll.

§ 3-11

Durchführung verschiedener kathartischer Analogie-, Substituts- und Ablenkungsriten mit Hilfe von Getreide, Gemengsel und Kugeln aus Teig, Pfeilen, einem Bogen, einer Bogensehne, einem Querbalken-, Sicherungsriegel und Lederriemen, einem Leinentuch sowie weißer Wolle und einem Korb).Die kathartischen Analogieriten bestehen darin, dass die ritualkundige Frau zunächst mit weißer Wolle und sodann mit der Bogensehne und schließlich mit dem Leinentuch am Körper der Ritualherren entlangfährt. Gemäß der gleichzeitig gesprochenen Rezitation soll damit das Böse aus den Körpern der Ritualherren entfernt werden, denen stattdessen ein langes Leben und Kraft verliehen werden soll. Der Sicherungsriegel und vermutlich auch der Querbalkenriegel und Lederriemen als Elemente eines Türverschlusses sowie die Pfeile werden im Rahmen eines Substituts- und Ablenkungsritus verwendet. So werden Zarnizza und Tarpatassa in der Rezitation in §8 aufgefordert, anstelle der Ritualherren den Sicherungsriegel zu bekämpfen. In einem weiteren kathartischen Übertragungsritus wird den Ritualherren mittels einer Bogensehne Zinn um die Hände und Füße gebunden und anschließend auf eine Maus transferiert. Gemäß der entsprechenden Rezitation soll die Maus das mittels der Ritualmaterie auf sie übertragene Böse weit davontragen.

§ 11-13'

Den Dämonen werden verschiedene Besänftigungsopfer dargebracht.

§ 13'-20'

Wiederholung der Riten von § 3-11, wobei jedoch diesmal der „Dämon“ Alauwaima aufgefordert wird, anstelle der Ritualherren den Sicherungsriegel zu bekämpfen.

§ 21'-30'

Darbringung verschiedener Opfer für Alauwaima, die Göttin Mamma sowie Tarpatassa. An Alauwaima gerichtete Aufforderung, für die Ritualherren Fürsprache bei den Göttern einzulegen und ihnen Wohlergehen zu schaffen.

§ 31'-39'

Erneute Wiederholung der Riten von § 3-11 und § 13'-20', wobei nun Tarpatassa aufgefordert wird, anstelle der Ritualherren den Sicherungsriegel zu bekämpfen (§ 38').

§ 40'-43'

Darbringung verschiedener Opfer für Tarpatassa, Mamma sowie für die männlichen Götter. An Tarpatassa gerichtete Aufforderung, aus dem Angesicht der Ritualherren zu verschwinden und für sie vor den Göttern Fürsprache einzulegen.

§ 44'-56''

Riten zum Schutz von Haus und Familie der Ritualherren und erneute Durchführung einiger oder aller Riten von § 3-11, § 13'-20' und § 31'-39' (in § 45''-46'' werden in fragmentarischem Kontext der Löschritus und die kathartischen Riten mit weißer Wolle und der Bogensehne aufgeführt). Zur Befreiung des Ritualherren vom Bösen wird am Haustor des jeweiligen Ritualherrn ein ejan-Baum aufgestellt. Außerdem werden für Tarpatassa, Mamma und die männlichen Gottheiten am Tor Opfer dargebracht und Reinigungsriten durchgeführt. Tarpatassa wird erneut aufgefordert, vor den Göttern Fürsprache für den Ritualherrn zu halten und ihm und seiner Familie Wohlergehen zu schaffen.

§ 57''

Kolophon mit der Angabe: „Beendet“.

Verfasser- bzw. Urheberschaft, traditionsgeschichtliche Einordnung und Datierung

Dem Incipit zufolge stammt die Ritualüberlieferung von einer Frau namens Ambazzi (siehe Kolon 1; KUB 9.27+KUB 27.67 Vs. I 1). Laut dem Tafelkatalogeintrag KBo 10.6 Vs. I 3-4 geht offenbar auch das Ritual CTH 429 auf diese ritualkundige Frau zurück.

Außerdem ist der Name Ambazzi eventuell auch im Incipit des Rituals gegen böse Vorzeichen CTH 463 als „Verfassername“ angegeben, von dem jedoch nur noch die Endung -azzi erhalten ist (siehe dazu Christiansen 2006, 288, 309). Während die unter CTH 391 und CTH 429 gebuchten Ritualtexte mehrere inhaltliche Gemeinsamkeiten aufweisen, die für einen traditionsgeschichtlichen Zusammenhang sprechen, weicht CTH 463 von beiden Texten stark ab. So sind die in CTH 463 genannten Vorzeichen vermutlich auf babylonische Traditionen zurückzuführen, während CTH 391 und CTH 429 dem westanatolisch-luwischen Traditionskreis zuzuweisen sind (siehe dazu Christiansen 2006, 322f.). Bei CTH 391.1 handelt es sich um eine junghethitische Niederschrift. Orthographische und sprachliche Merkmale legen jedoch nahe, dass die Überlieferung des Rituals zumindest in mittelhethitische Zeit zurückreicht.

© Universität Mainz – Institut für Altertumswissenschaften, Abteilung Altorientalische Philologie


Editio ultima: 2017-02-07






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