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CTH 372

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Citatio: E. Rieken et al. (ed.), hethiter.net/: CTH 372 (TRde 2017-12-11)

1 -- Sonnengott, mein Herr, gerechter [H]err des Gerichts1, König2 über Himmel und Erde3, DU4 behandelst5 das Land gnädig.
2 -- Siegeskraft gibst DU.6
3 -- DU (bist) ein gerechter Gott.
4 -- DU nimmst eine gütige Gesinnung7 an.8
5 -- Die Herbeirufung9 führst DU aus.10
6 -- Der gütige Sonnengott11 (bist) DU.
7 -- Eine gütige Gesinnung nimmst DU an.
8 -- Der gerechte Mensch (ist) DIR lieb.
9 -- und DU er[h]öhst ihn.12
10 -- Sonnengott, ganz erwachsener Sohn der Ningal!13
11 -- Dein Bart (ist) aus Lapislazuli.14
12 -- (Vor) dir hat sich hier ein Menschenkind15, dein Diener, vernei[gt].
13 -- Zu dir spricht es (jetzt)16:
14 -- DU, Sonnengott, (bist) die [Li]cht(quelle) in der Umkrei[s]ung von Himm[el] und [E]rde.17
15 -- Sonnengott, erhabener König, Sohn der Ningal, das Gewohnheitsrecht (und) Vertragsrecht der Länder18 ma[c]hst DU bindend.
16 -- Sonnengott, erhabener König, unter den Göttern (bist) DU der am besten gestellte19 (Gott).
17 -- Eine starke Bindung20 (ist) DIR gegebe[n].
18 -- Ein gerechter Herr des Herr[sc]hens21 (bist) DU.
19 -- [V]ater (und) Mutter der dunklen Länd[er]22 (bist) DU.
20 -- Sonnengott, großer König, d[e]in Vater Enlil hat DIR das Land, die vier (Welt-)Ecken, DIR in deine Hand g[e]legt.23
21 -- Der Herr des Gerichts (bist) DU.
22 -- Eine Erm[ü]dung24 am [O]rt des Gerichts gibt es für dich [n]icht.
23 -- Auch unter den alten Göttern (bist) du, Sonnengott, [e]rhaben:
24 -- Den Göttern stellst [D]U die Opfer bereit.25
25 -- Den alten [Götter]n stellst [D]U [ihren] Anteil bereit.26
26 -- DIR, dem Sonnengott, öffnet27 man die Himmelstür.
27 -- Durch das Tor28 des Himmels schreitest DU, Sonnengott, als ein Gutgestellter.
28 -- Die Götter des Himmels (haben sich vor) DIR niedergebeugt
29 -- und die Götter der Erde (haben sich vor) DIR niedergebeugt.
30 -- Was auch immer du, Sonnengott, sagst,
31 -- die Götter aber verneigen sich wiederum vor DIR.
32 -- Sonnengott, für geschädigte [und] verwaiste [M]enschen Vater (und) Mutter (bist) DU;
33 -- Für den Anklagegegenstand29 der verwais[t]en (und) ge[s]ch[ä]digten Menschen30 entschädigst DU, Sonnengott.31
34 -- Wenn bei Tagesanbruch der Sonnengott auf der Seite des Himmels32 aufsteigt,
35 -- dann tritt DEIN, des Sonnengottes, <Licht> in alle oberen Länder und unteren Länder.
36 -- Du richtest die Rechtsangelegenhei[t] von Hund und Schwein.33
37 -- Sowohl die Rechtsangelegenheit der Tiere, die nicht m[i]t dem Mund sprechen (können),
38 -- auch jene ric[h]test du,
39 -- als auch die Rechtsangelegenheiten der schlechten und der böswilligen Menschen richtest DU.
40 -- Auch welchem Menschen die Götter zürnen
41 -- und (wen) sie vernachlässige[n],34
42 -- um den kümmerst DU dich wieder
43 -- und den behande[lst] du gütig.
44 -- Auch diesen (hier), deinen Diener unter den Menschenkindern,35 unterstütze (du), Sonnengott!
45 -- Dann36 opfert er (dir,) dem Sonnengott, Brot (und) Bier.
46 -- Nimm ihn (als) deinen treuen Diener, Sonnengott, [a]n die Hand!37
47 -- Welche Vier38 du, Sonnengott, angeschirrt hast,39
48 -- ihnen hat das Menschenkind hier Gerste hingeschüttet.
49 -- Deine Vier sollen fressen!
50 -- Und solange deine Vier die Gerste fres[s]en:
51 -- – DU aber, Sonnengott, lebe!40
52 -- Zu dir spricht das Menschenkind hier, dei[n] Diener, ein Wort,
53 -- (und) [ ... ] hör[- ... ]41 deine Worte.42
54 -- Sonnengott, erhabener König, du durchwanderst ewi[g] die vier (Welt-)Ecken43,
55 -- zu deiner Rechten lauf[e]n die Ängste,
56 -- zu [dei]ner44 Linken aber laufen die Schrecken.45
57 -- Der Gott der Anschirr[ung ... ] (und) der star[ke] Wettergott sind [ ... ].
58 -- Vom Himmel schickt[en] die [ ...] sein [ ... ].
59 -- Im Himmel machten sie für den Sonnengott [di]esen Gott zum Gott der An[schirrung].
60 -- Bunene, dei[n] Wesir, geht zu deiner Rechten,
61 -- und [Mišar]u, dein Wesir, geh[t] zu deiner Linken.46
62 -- (So) bewe[gst du,] Sonnengott, dich am Himm[el] entl[ang].
63 -- Im oberen (Bereich) [ ... ] den Göttern des Himmels.
64 -- Unten in der dunklen Erde teilst du den a[lten] Göttern zu.47
65 -- Das Untere aber [ ...-st du] den alten Göttern der du[nklen] Erde [ ... ] aus der Erde48 hinauf.
66 -- Dir dieses [Menschenkind ... ].
67 -- Sonnengott, [ ... ] ihn.
68 -- Der Gott49, [der] schrecklich [ ... ],
69 -- jener Gott hat seine Augen [zur] Seit[e] woandershin gewendet.50
70 -- Dem Menschenkind (über)gibt er nicht das Handeln.
71 -- Sei es, dass jener Gott (sich) im Himmel (befindet) oder sei es, dass er (sich) in der Erde (befindet),
72 -- DU aber, Sonnengott, gehst zu ihm.
73 -- Geh (und) sprich zu j[en]em Gott!
74 -- Übermittl[e] ihm die (folgenden) Worte des Menschenkindes51!52
75 -- Mein Gott, was das betrifft, dass mich meine Mutter gebar:53
76 -- [du,] mein [Gott, zie]hst mich groß.
77 -- DU, mein Gott, achtes[t] mir auf meinen Namen [und meine] (soziale?) Bind[ung]54 unter den Menschen.55
78 -- DU, mein Gott, [hast] mich mit [M]enschen verbund[en].56
79 -- DU, mein Gott, [hast] mein57 Handeln an einen starken ... zw[ischen58 ... ] gelen[kt].59
80 -- Mein Gott, du hast mich, das Menschenkind, zu deinem Diener, (Diener) deines K[örpers] (und) deiner Seele beruf[en].
81 -- Welche G[nade] meines Gottes kenne ich nicht seit (meiner) [Kin]dheit?
82 -- Erkenne ich si[e nicht] an?60
83 -- Was aber [gar] das betrifft, dass [ ... ],
84 -- ich habe meines Gottes Wei[sheit ... ] in all[em] ku[nd getan].61
85 -- Bei62 [ ... ge]leistet.
86 -- [ ... ]
87 -- [Meine]m Gott [aber mir/mich ... ].
88 -- [ ... ] nicht [ ... ].
89 -- Und [ ... ]
90 -- Ein Rind aber63 [habe ich ... ] getrennt.
91 -- [ ... von seinem] Pferc[h].
92 -- Brot [ ... ].
93 -- [ ... ] a[ß ich].
94 -- [ ... ]
95 -- Und [ ... es ...].
96 -- [Wenn ... ] jet[zt aber ... ] würde,
97 -- [ ... ] nic[ht ... ]?
98 -- [ ... ],
99 -- [ ... ] durch dein, des Gottes, W[ort ...]?
100 -- Das Leben ist mir [ ... ].
101 -- Der To[d aber ist mir ... ].64
102 -- [ ... ] der Menschen Leb[en ... ].
103 -- Der kleine Ort hin[ab ... ].65
104 -- Seine Lebenstage [ ... ].
105 -- Wenn ein Men[sch ... ] würde,
106 -- wenn [ ... ] bestünde,
107 -- (dann) wäre [das für ihn ... ].
108 -- Jetzt66 aber [soll mir ... ] mein [Gott ... ]!
109 -- Mir mein[e] Ver[g]ehen [ ... ],
110 -- [ ... ]!
111 -- Mein Gott zu mir im Tra[um ... ]!
112 -- [ ... ]!
113 -- Mir meine Vergehen [ ... ],
114 -- [ ... ]!
115 -- Eine jungfräulich[e Seherin ... ] es zu mir [ ... ]!
116 -- [ ... ] aus einer Leb[er ... ]!
117 -- [ ... ] mit ganzem [Herzen ... ]!
118 -- Mir m[eine] Vergeh[en ... ],
119 -- so dass [ich] sie e[rkenne]!
120 -- Mein Gott, gi[b] mir Ehrerb[ietu]ng und Stärk[ung] zurück!
121 -- Sonnengott, der Hirte von all[en] (bist) DU.
122 -- Deine67 [Bot]schaft ist angenehm für jed[en].
123 -- Mein Gott, der [auf mich] zornig geworden ist
124 -- und der [mich] verstoßen68 hat,
125 -- d[e]r sol[l] sich au[ch wieder] um mich kümmern!
126 -- Er so[l]l [mich am Leb]en erhalten!
127 -- Me[in] Gott, der mir/mich [ge- ... ]-t hat,
128 -- soll mir gegenüber wieder eine gütige Gesinnung [annehmen]!
129 -- [ ... ] nicht bezw[inge ich].
130 -- [Wi]e69 [ ... ] abs[chab- ... ],
131 -- [ ... ]
132 -- [ ... ]
133 -- [Der Zorn soll sich wied]er legen!
134 -- Und [ ... ]!
135 -- [Entfe]rne [ ... ]!
136 -- [ ... g]anz [ ... ].
137 -- [ ... ]-te.
138 -- [ ... ] Menschenk[ind ... ] d[ich/dir … ].
139 -- [ ... ] Sonnengott [ ... ]
140 -- Was ha[be ich, das Menschenk]ind, [meinem Gott ... ] ge[tan]?
141 -- [ ... ] vor dem [Sonnengo]tt die W[aage ... ]
142 -- [und] verfäl[scht die Wa]age.70
143 -- [ ... n]icht etwas [ ... ].
144 -- [ ... ] bezwinge ich d[urch] die Krankheit [ ... ].
145 -- [ ... ] mei[ne] Seele [an einen an]deren [Ort ... ].71
146 -- Für den Zeitraum des (ganzen) [J]ahres [ ... ].
147 -- ICH bin (wie) jene[r] geword[en].
148 -- [Mir sind] Krankheit und A[ng]st des Jahres (zu) viel gewor[den].
149 -- Mei[n] Gott72, ich sag[e] es DIR (jetzt)73.
150 -- In der Nacht ergreift mich in meinem Bett kein angen[ehmer] Traum.
151 -- (Mein) Name74 aber erscheint mi[r] (scil. im Traum) nicht im Guten.75
152 -- Die [Schutz]gottheit verleiht meinen76 Worten keine Kraft.77
153 -- Ob du mir vom Mutterleib an, mein Gott, [diese Krankheit] (fest)geschrieben78 hast,
154 -- habe ICH aber (denn) niem[a]ls eine Seherin wiederum befragt?79
155 -- Jetzt ruf[e] ich (gerade) vor der Gottheit 'Gnade!' aus.80
156 -- Mein Gott, du hast mich am Königstor81 zu einem nicht gutgestellten82 Menschen gemacht.83
157 -- Du hast mir mein Recht vor den Menschen erfolglos sein lassen.
158 -- Und wem auch immer ich lieb (bin),84
159 -- jener bekommt85 keinen guten Namen.
160 -- DU, [mein] Gott, aber bist für mich der [V]ater.
161 -- D[ie] (mir) die Mutter ist,
162 -- mein Gott, (sie) ist mir nich[t] vorhand[en].
163 -- [D]U, me[in] Gott, hast mich wie [eine Mutter] gebor[en].
164 -- Jetzt [vor] A[ngst ... ] Tage und Nächt[e ... ].
165 -- Lass mich überleben!
166 -- (Er)löse (mich) wie [ ... ]!86
167 -- [Nimm] mich an die Hand, mei[n] Gott!
168 -- Die [Kra]nkheit las[s] fort von mir!
169 -- Me[in] Gott, [ ... ]
170 -- Und mir/mich [ ... ].
171 -- Und [ ... ] dunkel [ ... ].
172 -- [ ... ] bew[ege ich mich] nicht.
173 -- Wohin ich fließe,87
174 -- ich kenne meinen (Ziel)ort nicht.
175 -- Wie ein Schiff [ ... ] vom Fluss weg [ ... ].
176 -- Wie [ ... ] und Angst [ ... ],
177 -- mei[n] Gott, [nimm] meine88 Hand [ ... ]!
178 -- Und mir/mich [ ... ]!
179 -- Kümme[re] dich wieder um mich, mein Gott, zum Guten!
180 -- DICH, mein Gott, werde ich rühmen89.
181 -- Und dir/dich [ ... ].
182 -- Meine Ersten und Gefährten [ ... ] mir/mich.
183 -- Und so90 schlugen sie mich.91
184 -- Verge[hen ... ]92 und der Zorn (sind) deine, (nämlich) die meines Gottes.
185 -- Wenn DU, mein Gott, mir gegenübe[r] böse (bist),
186 -- als welcher Mensch ICH aber [ ... ],93
187 -- jetzt aber, mein Gott, (als) böse (Gewordener) [ ... ] die Krankhei[t ... ].
188 -- Stel[le] mich an einen guten Ort!
189 -- Mir, dem in Krankheit, Eiter94 [ ... ] Stehend[en, ... ] werd[e] eine Stütze95!
190 -- Bring [ ... ]!
191 -- Es floss? aber [ ... ]96
192 -- Bring [ ... ] von ihnen weg!
193 -- Und löse [dein,] der Gott[heit, ... ]!
194 -- In Krankheit sei nicht in der tiefen Wiese (verschwunden)!97
195 -- Mein Gott, lass mir, einem angen[e]hmen98 Menschen, böse Tage (und) böse Nächte nicht nahe kommen!99
196 -- Löse mir das Ärg[ernis ... ]!
197 -- Mein Gott, schau mich, das Menschenkind, mit (deinen) Auge[n] an!
198 -- Und [ ... ].
199 -- Mich als Toten100 [ ... ]-en sie.
200 -- Den Sonnengott101 nimm als gesandt[en] Mann (an)!
201 -- [ ... ]
202 -- Weil [ ... ] den Frevle[r102 ... ],
203 -- [ ... ] es zweimal, dreimal [ ... ],
204 -- das Vergehen, [m]ein [ ... ] löse!
205 -- Er soll [ ... ] bezwingen!
206 -- Er [soll ... ] ganz fort? [ ... ] st[ellen]!
207 -- Diese Wort[e]103 der An[ru]fung, mein Gott, sollen dein104 Herz105 w[i]e durch kühles Wasser besänftigen!106
208 -- Wie ich damals aus (meiner) Mutter, aus (ihrem) Inneren geboren war,
209 -- (so) setze (nun), mein Gott, jene Seele wieder in [m]ich hinein!107
210 -- Deine, meines Gottes, Seele soll [M]IR gegenüber auf gute Weise zu den [S]eelen meines [V]ater, (meiner) Mutter (und meiner) Familie werden!108
211 -- [ ... (Der Text) ist b]eendet.
1
Bereits Güterbock H.G. 1958a, 241a verweist auf den babylonischen Ursprung dieser Anrede.
2
Babylonisches Motiv, vgl. zuerst Güterbock H.G. 1958a, 241b.
3
In Manuskript A1 ist nicht – wie in Manuskript B und auch sonst – taknaš gewählt, sondern die Form dāgazipaš.
4
Der Fokus, der im hethitischen Text durch die Setzung des betonten Personalpronomens ausgedrückt ist, ist hier und im Folgenden mittels Großschreibung markiert.
5
Je nach der für duddu- angesetzten Bedeutung variieren die Übersetzungen: Lebrun R. 1980e, 101: „toi, tu ne cesses de diriger le pays“; Görke S. 2000a, 17:„über dem Land lässt du Gnade walten“; Singer I. 2002c, 36: „you are ruling the lands“; Hoffner H.A. – Melchert H.C. 2008a, 403; „you have mercy upon the land(s)“; Schwemer D. 2015, 385 übersetzt mit „you rule the lands mercifully“. Hier ist die von Tischler J. 2008a, 183 vorgeschlagene Bedeutung 'gnädig behandeln' gewählt.
6
Übersetzung zu Manuskript B: „Die Grenzen aber setzt DU“.
7
Babylonisches Motiv, vgl. zuerst Güterbock H.G. 1958a, 241b.
8
HED K, 155 beurteilt zik=pat ḫandanz(a) [a]nda genzū daškeši als zusammengehörig und übersetzt mit „you (are) the righteous one (that) ever takest pity“, lässt dabei aber das noch einmal folgende zik=pat außer Acht.
9
Dass mugauwar nicht 'Bitte' heißt, sondern eher das 'Herbeirufen' eines Gottes bezeichnet, hat Melchert H.C. 2010f nachgewiesen. Zu den unterschiedlichen Gebetstypen des Hethitischen vgl. auch Laroche E. 1964-1965a. Hier ist wohl gemeint, dass der Sonnengott auf die Herbeirufung hört und erscheint.
Übersetzung zu Manuskript B: „[Die Anrufung] (er)hörst DU“.
Güterbock H.G. 1978b, 226, Singer I. 2002c, 36 und Schwemer D. 2015a, 386 interpretieren dUTU- als Vokativ, vgl. Hoffner H.A. – Melchert H.C. 2008a, 245 zu Nominativ in Vokativfunktion. Als Nominativ wie hier interpretiert auch CHD P, 222b.
Schwemer D. 2013a, 111 bezieht diese Aussage auf das Gerichtsverfahren, also: „du läßt ihn (vor Gericht) obsiegen.“
Babylonisches Motiv, vgl. zuerst Güterbock H.G. 1958a, 241b.
Babylonisches Motiv, vgl. zuerst Güterbock H.G. 1958a, 241b.
Während Lebrun R. 1980e, 419 aus der gegenüber den mittelhethitischen Versionen veränderten Selbstbezeichnung des Betenden als „Menschenkind“ eine „phase de réelle démocratisation“ ableitet, vermutet Singer I. 2002c, 6f. hierin das Bemühen, die Sterblichkeit des Betenden in den Vordergrund zu stellen. Schwemer D. 2015a, 375 vermutet mit Güterbock H.G. 1978a, 130, dass es sich um einen Entwurf handele, oder vielmehr um eine Schülertafel, in dem „Menschenkind“ lediglich als Platzhalter diente.
Funktionsspektrum von -ške-.
Babylonisches Motiv, vgl. zuerst Güterbock H.G. 1958a, 241b.
Der Plural wird hier im Hinblick auf die Verwendung in Kolon 35 gebraucht.
HW² A, 379b übersetzt aš(ša)nuwanz(a) mit 'versorgt', HED A, 195 'favored'.
Hoffner H.A. – Melchert H.C. 2008a, 305 übersetzen „a weighty lord-ship(?) (is) given to you“. Mit Schwemer D. 2015a, 377 ist hier wohl išḫ[i]šša zu lesen und als 'Bindung' zu verstehen.
Epitheton des Sonnengottes, als Calque aus dem Akkadischen zu identifizieren, vgl. CHD L-N, 168b, wo die Textstelle mit „you are a just lord of government“ übersetzt ist.
Auch hier liegt nach Schwemer D. 2015a, 390 ein Calque aus akkadisch ṣalmāt qaqqadi „the dark-headed (people), mankind“ zugrunde.
Babylonisches Motiv, vgl. zuerst Güterbock H.G. 1958a, 241b.
Wörtlich 'deine Ermüdung'.
Metcalf C. 2011a, 4-6 gibt die sumerische Parallele dieser Textpassage an.
Babylonisches Motiv, vgl. zuerst Güterbock H.G. 1958a, 241b.
Die Verbalhandlung āppa haškanzi '(Türen) zurücköffnen' schließt das vollständige Umlegen der Türflügel ein.
Pluraletantum.
Vgl. Melchert H.C. 1979a, 268-271 zur Bedeutung von kattawātar. Vgl. Metcalf C. 2011a, 6f. zur hethtischen Umdeutung der sumerischen Vorlage im Zuge des Adaptionsprozesses.
Es kann hier formal sowohl ein Genitiv als auch ein Dativ vorliegen.
Eine inhaltiche Entsprechung dieses Kolons zu einem Ištar-Hymnus vermutet Görke S. 2000a, 109.
Der Ablativ hat hier die Funktion einer Lokalangabe (vgl. kunnaz 'zur Rechten' u.ä.).
Nach Güterbock H.G. 1958a, 242a gibt es für die Einbeziehung von Hund und Schwein wie der anderen Tiere im folgenden Kolon keine babylonische Vorlage.
Singer I. 2002c, 37 übersetzt „whom they reject“.
Hier wieder anders Singer I. 2002c, 37: „O Sun-god, sustain also this human, your servant“. Schwemer D. 2015a, 390 nimmt hier einen Genitiv dandukišnaš ohne Bezugwort als Objekt an.
Zur konsekutiven Funktion der -škeuwan dai/tiye-Konstruktion im Junghethitischen vgl. Daues A. 2007a. Eine Deutung des Satzes als Begründung des Vorangegangen mit Ünal A. 1991b, 797 ist deshalb nicht möglich.
Bei dem Motiv des Gottes, der den ihm Anvertrauten an der Hand nimmt, handelt es sich um ein aus Mesopotamien stammendes Motiv, vgl. Görke S. 2000a, 116.
Gemeint ist ein Viergespann. Zur Diskussion um die Quadriga vgl. Wilhelm G. 1994b, 65ff. Alaura S. 2014a, 234 macht zu Recht darauf aufmerksam, dass nur die Zugtiere erwähnt sind, nicht aber der Wagen. Die vier Zugtiere beurteilt Alaura S. 2014a, 241 wie folgt: „The analytical Mesopotamian set of four names is replaced in the Hittite prayers by numerals, 'Four', and by two dual denominatives forming a hendiadys, 'Fear' and 'Terrors'. ( … ) rendering to the qualitative and physical aspects of the four nighttime animals.“
Metcalf C. 2011a, 3 gibt die babylonische Parallele zu diesem Kolon an.
Schwemer D. 2015a, 387 und 390f. fasst diesen Ausdruck, Lebrun R. 1980e 103, folgend als Grußformel auf und merkt weiter an, dass es sich um einen durch -a gekennzeichneten Einschub handele, während der mit nu eingeleitete Hauptsatz zum kwitman-Satz erst anschließend folge. Anders CHD L-N, 308b „And while your four eat the grain, live, O Sungod!“.
Zu ergänzen ist wohl „und (sie, scil. die Götter) hör[en] deine Worte“.
Eichner H. 2009a, 7f. erläutert: „Während sie (scil. die Zugtiere) fressen, steht der Sonnenwagen still und der Gott muss untätig warten. Diesen Augenblick kann der Beter nutzen, um dem Gott ein Anliegen vorzubringen“.
Schwemer D. 2013a, 111 Anm. 29 weist darauf hin, dass dies im Sumerischen ein Ausdruck für die Gesamtheit der Welt ist.
Possessive Funktion ausgedrückt durch -tta.
In der Zuordnung von 'Angst und Schrecken' sieht Wilhelm G. 1994b, 66f. einen Fremdkörper in dem ansonsten stark babylonisch geprägten Sonnenhymnus. Er schreibt: „Es handelt sich hier also in der Tat um ein Motiv, das der hethitische Verfasser aus seiner heimischen Traditionswelt eingebracht hat“. Alaura S. 2014a, 243 hält beide für mesopotamisch und sieht in ihnen „animals of the second team of the Sun-god, which ( … ) are capable of warding off the enemy and facing the dangerous nighttime journeys through the netherworld sea.“
Metcalf C. 2011a, 2 gibt die babylonische Parallele für dieses und das vorangegangene Kolon an.
Singer I. 2002c, 37 übersetzt „You [allot] the upper (spheres) to the celestial gods, you allot the lower (spheres) in the dark earth to the primeval gods“. Hier wird der Text wie von Schwemer D. 2015a, 387 verstanden: „Above, you [ ... ] to the gods of heaven, below, in the dark earth, you make allotment to the pri[meval] gods“.
Mit Schwemer D. 2015a, 391, der für ta-ga-za die Interpretation taganza vorschlägt.
Im Text steht hier fehlerhaft die Pluralform DINGIRMEŠ-. S. Anm. zum Text.
Görke S. 2000a, 105 verweist hierzu auf die fast wörtliche Übereinstimmung zwischen dem hethitischen und babylonischen Text.
Wörtlich: 'Menschheit'.
Güterbock H.G. 1978b, 228 (basierend auf Güterbock H.G. 1958a, 242b) erläutert hierzu: „Der Sonnengott wird gebeten, dieses (scil. persönliche Gebet) dem persönlichen Gott des Beters zu übermitteln. Während sowohl die Vorstellung vom persönlichen Gott wie auch das Motiv der Fürsprache in Babylonien bekannt ist, wird man dort schwerlich den Fall finden, dass der große Šamaš gebeten wird, den persönlichen Gott aufzusuchen“.
Der Text ist im Folgenden weicht gegenüber CTH 373, KUB 30.10 Vs. 6'-7' ab.
Mit Schwemer D. 2015a, 387, der das Wort als 'bond' interpretiert.
anda uškitta ist eine sehr selten belegte mediale -ške-Form, hier analysiert als 2.Sg.Prs.med. Singer I. 2002c, 37 übersetzt sie nach Kontext als Präteritum. Ebenso Schwemer D. 2015a, 387. Die Funktion des Tempuswechsels bleibt unklar.
Zu ḫarp- in der Bedeutung 'associate with' vgl. Melchert H.C. 2010e, 182.
-mu in possessiver Funktion.
Die ältere Fassung in KUB 30.10 Vs. 8' (CTH 373.A) hat hier pedi 'an einen Ort'. Das Nomen *ḫaḫarratar ist sonst unbekannt.
Eichner H. 1975c, 125 übersetzt „und hast mir das Handeln an machtvoller Stätte verliehen“.
Der Satz findet unterschiedliche Beurteilungen in der Sekundärliteratur. HED K, 43 interpretiert „since childhood, what [has been] the deity's grace, don't I know [it], don't I acknowledge it!“, doch die Stellung von -z(a) spricht gegen die Unterteilung in zwei Sätze. Singer I. 2002c, 32: „My god's mercy, which I have known since childhood, I know and [acknowledge] it“. Schwemer D. 2015a, 387: „My god's m[ercy] that is (with me) since [chi]ldhood I would not know? And I would [not] acknowledge i[t]?“.
Schwemer D. 2013a, 112 interpretiert: „war ich ein Bei[spiel] für all die Weis[heit (und Gnade)] meines Gottes.“
Der Text ist stark zerstört. Eine vergleichbare Textpassage findet sich in CTH 373: KUB 36.79 Vs II 29-39 (CTH 372) entspricht KUB 30.10 (CTH 373) Vs. 12'-17'.
Segmentierung mit =a= wegen Topikwechsel, vgl. dazu Rieken E. 2000a.
Metcalf C. 2011a, 7ff. konnte zeigen, dass KUB 36.79 Vs. II 43-50 auf eine sumerische Vorlage zurückgeht.
HEG III/9, 313 fasst tepu als adverbiellen Ausdruck 'in geringem Ausmaß' aus, während Schwemer D. 2015a, 388 „the Little Place be[low ... ]“ übersetzt und mit CHD P, 339f. hierin einen Ausdruck für die Unterwelt oder das Grab sieht.
Metcalf C. 2011a, 9 hat auch für KUB 36.79 Vs. II 51-59 nachweisen können, dass es sich um eine Passage mit sumerischer Vorlage handelt. Ausführlich dazu Metcalf C. 2015a.
Redundantes -tta in possessiver Funktion bleibt unübersetzt.
Die Parallele aus CTH 373 (KUB 30.10 Rs. 2) weicht hier ab und hat stattdessen arḫa paškutta 'vergaß'.
Wegen der Wortstellung ist hier mit Singer I. 2002c, 32 gegen Schwemer D. 2015a, 388 die Übersetzung von maḫḫan mit komparativischer Lesart der mit temporaler vorzuziehen.
Güterbock H.G. 1974d, 323f. verweist auf eine akkadische Vorlage, s. Lambert W.G. 1974a, 278.
Güterbock H.G. 1974d, 326 weist darauf hin, dass dieses und das vorangegangene Kolon ein Vorbild in einem sumerischen Gebet haben, vgl. Lambert W.G. 1974a, 301.
Hier steht erstmals syllabisch šiuni=mi für den persönlichen Gott im Text. Aufgrund der syntaktischen Position ist die Form hier als Vokativ interpretiert, ein Dat./Lok. neben tuk 'dir' ist aber nicht auszuschließen (so Schwemer D. 2013a, 113).
Funktionsspektrum von -ške-.
Der Text weicht von KUB 30.10 Rs. 19 (CTH 373) ab. CHD L-N, 410b übersetzt die Passage mit „favor is not manifest upon me“.
Görke S. 2000a, 21 übersetzt syntaktisch abweichend: „Meinen Namen betreffend wird Gutes nicht offenbar“.
-mu in possessiver Funktion.
Wörtlich: „Die Schutzgottheit macht meine Worte nicht zu Kraft“ (mit iye/a- 'machen' und doppeltem Akkusativ). Anders Görke S. 2000a, 21 („Kraft und des Schutzgottes Wort macht er nicht“) und Schwemer D. 2015a, 388 („[The Strong] Deity does not do strong things for me“).
Mit dem Verb gulš- 'schreiben, eingravieren' ist dGulša- 'Schicksalsgöttin' etymologisch verwandt. Die dGulša-Göttinnen 'schreiben' das Schicksal eines Menschen (vgl. Haas V. 1994a, 308).
Die anderen Übersetzungen gehen hier nicht von einer rhetorischen Frage aus.
Dieser Ausruf erinnert an die šigū-Gebetsbeschwörungen, vgl. Görke S. 2000a, 116.
Beim LUGAL-an aška- 'Königstor' handelt es sich um den Ort, an dem Recht gesprochen wurde.
Diese Übersetzung wurde schon von Eichner H. 1975c, 137 vorgeschlagen.
Die Entsprechung zu diesem und dem folgenden Kolon, KUB 30.10 Rs. 22-24 (CTH 373), weist dagegen zwei verneinte Imperative auf.
Die Entsprechung KUB 30.10 Rs. 24-25 (CTH 373) „welche ich gut behandelt habe, keiner (davon) hält mich am Leben“ lässt zunächst eine aktivische Bedeutung von āššu- an dieser Stelle vermuten, allerdings weicht auch der Hauptsatz ab, so dass diese Schlussfolgerung nicht zwingend ist.
Wörtl.: 'nimmt'
Vgl. KUB 36.75 iii 9-11 (CTH 374).
Schwemer D. 2015a, 389 und Singer I. 2002c, 39 ergänzen „[like water]“.
Possessive Funktion ausgedrückt durch -mu.
Der Terminus technicus für diese Gebetsform ist walliyatar. Vgl. zu den unterschiedlichen Gebetstypen des Hethitischen Laroche E. 1964-1965a.
Zur Funktion der -škeuwan dai/tiye-Konstruktion im Junghethitischen vgl. Daues A. 2007a.
Schwemer D. 2015a, 389 übersetzt mit „they started afflicting me“.
Schwemer D. 2015a, 389 ergänzt hier: „Si[n is mine], and wrath is yours, my god's“.
Schwemer D. 2015a, 389 übersetzt „If you, my god, are hostile against me, I, who am after all a [(...)] man, will ...“.
Vgl. CHD L-N, 163a.
Zur Übersetzung von wenal vgl. auch Starke F. 1990a, 313: „... werde mein Stab (meine Stütze)!“.
Die Zugehörigkeit zu ārš- 'fließen' ist sehr unsicher.
Schwemer D. 2015a, 389 übersetzt anders: „Let it not be in ... illness, in fight belonging to the meadow“. In HW2 Ḫ, 86b wird ḫalluwai trotz der Prohibitiv-Negation als 2. Sg. Imperativ gedeutet.
Lebrun R. 1980e 109: „égaré“, dazu Schwemer D. 2015a, 392.
Kloekhorst A. 2008a, 819 übersetzt mit abweichenden syntaktischen Bezügen: „O my god, may you not release bad days and nights in the vicinity of me, a pleasant man!“.
Wenig überzeugend die von Schwemer D. 2015a, 393 vorgeschlagenen Alternativen.
Formal handelt es sich um einen Nominativ oder Vokativ. Die in die Überlieferung eingreifende Übersetzung als Akkusativ beruht auf der Tatsache, dass in dieser Passage generell der persönliche Gott angesprochen wird, während der Sonnengott als Vermittler fungiert.
Anders als von Kloekhorst A. 2008a, 931, der den Akkusativ wašdulin zum Abstraktum uštul- stellt, wird die Form hier als synkopierte Form einer substantivierten Zugehörigkeitsbildung wašduliya- 'Frevler' verstanden.
Die Form des Demonstrativpronomens ist nach Hoffner H.A. – Melchert H.C. 2008a, 143 als Nom.Pl.ntr. in Kongruenz mit udd[ār] analysierbar. Es handelt sich dabei um eine späthethitische Form. Problematisch ist hingegen, dass der neutrale Plural hier insofern unerwartet ist, als dieser im Hethitischen normalerweise nicht Subjekt eines transitiven Satzes sein kann. Eine Interpretation des Bezugsnomens als udd[ananteš] scheitert am Verb von Manuskript A1 + A7 waršanuddu. Lediglich Manuskript F weist die für diese Interpretation korrekte Form waršanwanddu auf.
Possessive Funktion doppelt ausgedrückt durch das enklitische Personalpronomen -tta in der Partikelkette und durch das enklitische Possessivpronomen -tit.
Zum unerwarteten Ablativ/Instrumental vgl. Schwemer D. 2015a, 393. Er erklärt ŠÀ-it (i.e. kardit) als korrupte Schreibung für den Akkusativ ŠÀ-ti-it (i.e. ker=tit).
Auf eine inhaltliche Entsprechung dieses Kolons zu einer babylonischen Beschwörung macht Görke S. 2000a, 108-109 aufmerksam.
Schwemer D. 2015a, 389 erläutert den Satz folgendermaßen: „Just as in the past (when) I was born from (my) mother's womb (you put my soul into me), put that soul back into me, my god!“.
Schwemer D. 2015a, 389 hat hier in umgekehrter Zuweisung von Subjekt und Prädikativum: „And may my father's, my mother's (and) my family's [s]ouls become your, my god's, soul in regard to me!“.