Das Projekt „Hethitische Forschungen“

der Akademie der Wissenschaften und der Literatur

1961 wurde das von Heinrich Otten geleitete Pro­jekt „Hethitische Forschungen“ von der Akademie der Wissenschaften und der Literatur übernommen.

In seinem ersten Bericht über die Arbeit der zur Betreuung dieses Projekts in der Akademie neu gegründeten „Kommission für den Alten Orient“ schrieb Otten: «Als erste Aufgabe wurde die Sammlung und lexikalische Verarbeitung der hethitischen Texte übernommen … Diese Sammlung umfasst am Jahresende [1961] 90.000 Belegzettel mit dem hethi­tischen Text in Umschrift, so dass jedes Stichwort in seinem syntaktischen Zusammenhang erscheint.» (in: Jahrbuch 1961 der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz 1962, 143).

Ein Jahr darauf wurde Christel Werner (nachmals Rüster) in den Dienst der Akademie übernommen. 1977 konnte zunächst mit DFG-Förderung eine zweite Mitarbeiterstelle mit Cord Kühne besetzt wer­­den.

1979 wurde das Projekt in die Förderung des Akademienprogramms des Bundes und der Länder aufgenommen, das soeben gegründet worden war. Als Abschlussdatum war ursprünglich 1999 festgesetzt worden. Wegen der bedeutenden Neufunde in der Oberstadt von Hattuša wurde 1995 eine Verlängerung des Projekts bis 2015 bewilligt.

Federführender Projektleiter war stets der Vorsitzende der Kommission für den Alten Orient der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz:

1961-1992 Heinrich Otten
1992-1999 Erich Neu
2000-2001 Heinrich Otten
2001-2015 Gernot Wilhelm

Mitarbeiter waren:

Mitarbeiterstelle I:
1962-1999 Christel Rüster
2000-2000 Rita Strauß
2001-2002 Giulia Torri
2002-2003 Jörg Klinger
2003-2009 Jared L. Miller
2009-2015 Francesco Fuscagni
2009-2015 Gabriella Stivala

Mitarbeiterstelle II:
1977-1982 Cord Kühne
1982-1983 Stefano de Martino
1984-2007 Silvin Košak
2007-2015 Gerfrid G.W. Müller

Nach Ihrem Eintritt in den Ruhestand wurden Christel Rüster 2000-2009 und Silvin Košak 2007-2015 im Rahmen einer „Teilzeitbeschäftigung“ von der Akademie weiter beschäftigt.

Die zentrale Aufgabe des Projekts war die Edition der seit 1931 in Boğazköy ausgegrabenen Textfunde in keilschriftlichen Abzeichnungen mit einem catalogue raisonné, Fundortangaben und Indizes. Hierfür stand die Publikationsreihe „Keilschrifttexte aus Boghazköi“ zur Verfügung.

„Für philologische sowie linguistische Unter­suchungen dieser Texte und deren Aus­wertung als Zeugen der hethiti­schen Kultur und ihrer litera­rischen Tra­dition“1 gründete Otten 1964 die Reihe Studien zu den Boğazköy-Texten.

Die Ziele des Projekts waren folgendermaßen definiert:

  • Archiv­mäßige Sammlung der bei den Ausgrabungen in Boğazköy gefun­denen Keil­schrift­texte in Form von Photos und Umschriften;
  • Primäredition in Form von Autographien nach den im Museum für Ana­tolische Kulturen in Ankara bzw. im Museum in Boğazköy liegenden Ori­ginaltafeln;
  • philologische sowie linguistische Unter­suchung dieser Texte und deren Auswertung als Zeugen der hethiti­schen Kultur und ihrer litera­rischen Tradition;
  • thesaurusartige Erfassung des lexikalischen Materials, d.h. die weitere Pflege der inzwischen auf über 1 Mio. Karteikarten angewachsenen lexi­kalischen Sammlungen.

Diese Aufgaben werden bis zum Ende des Projekts 2015 weiter verfolgt. Nachdem jedoch 2001 eine Kalkulation der noch zu leistenden Editionsarbeit ergab, dass ein Abschluss bis 2015 mit den innerhalb des Projekts verfügbaren Kräften schwerlich gelingen konnte, wurden Verein­barungen mit externen Projektmitarbeitern zur Erarbeitung je eines KBo-Bandes getroffen.

Eine wichtige Neuorientierung des Projekts wurde 2001 durch die Einbeziehung der Möglichkeiten der netzgestützten Datenverarbeitung vorgenommen.

Die Drucklegung der von S. Košak erarbeiteten Konkordanz der Keilschrifttexte des hethitischen Reiches wurde abgebrochen. Da die Daten in eine vom Trierer Kompetenzzentrum2 konfigurierte Datenbank eingegeben wor­den waren, wurde im Rahmen eines von Gernot Wilhelm eingeworbenen DFG-Projekts von Gerfrid G.W. Müller eine webgestützte Datenbank mit einer Ausgabemaske pro­grammiert, die multiple Recherchemöglichkeiten bietet. Dadurch konnte das bis dahin erarbeitete Gesamtmaterial der Konkordanz über das Internet zur Verfügung gestellt und anschließend – auch durch zahlreiche Hinweise aus der hethitologischen Community – kontinuierlich ergänzt und verbessert werden.

Im Zuge der Neuorientierung des Projekts wurden die im Rahmen des DFG-Projekts erarbeiteten digitalen Editionsmethoden exemplarisch auf die Edition der Staatsverträge der Hethiter angewandt. Zusätzlich wurden weitere Historische Texte der Hethiter exemplarisch für eine digitale Edition bearbeitet.

Außerdem wurde die umfangreiche Photosammlung der Arbeitsstelle eingescannt Photodokumentation. Die Photos wurden mit der Konkor­danz verknüpft und über das Internet konsultierbar gema­cht. Nach einer Vereinbarung mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz konnten auch die im Vorderasiatischen Museum aufbewahrten Photos digitalisiert und mit der Konkordanz verknüpft werden. Insgesamt stehen damit seit 2014 ca. 50.000 Photos zur Verfügung.


1 So die Formulierung in einem akademieinternen Papier H. Ottens.

2 Leitung: Kurt Gärtner; Programmierung: Thomas Burch; s. http://germazope.uni-trier.de/Projects/KoZe2.