index introductio imagines || partitura exemplar translatio | bibliographia e-mail |
Citatio: F. Fuscagni (ed.), hethiter.net/: CTH 422 (INTR 2016-08-04)
Beschwörungsritual an der Feindesgrenze (CTH 422) Textüberlieferung
Literatur Witzel M. 1924a, 60-65; Goetze 1950, 354-355; Schuler E. von 1965a, 168-174; Otten H. - Rüster C. 1977A, 59-60; Beal R.H. 1995a, 68-69; García Trabazo 2002, 507-519; Klock-Fontanille I. 2002a, 59-80; Miller J.L. 2006c, 237; Roszkowska-Mutschler 2007, 24. Editionsgeschichte Eine erste Edition dieses Rituals wurde von Witzel M. 1924, 60-65 durchgeführt. Damals war KUB 4.1 der einzige bekannte Text. Einige Jahre später legte Albrecht Goetze 1950, 354-355 eine englische Übersetzung in ANET vor. Etwa zehn Jahre später publizierte E. von Schuler in seiner Monographie über die Kaškäer eine neue verbesserte Edition dieses Rituals mit Umschrift, Übersetzung und einem kurzen Kommentar. Nur ein neues Duplikat wurde ihm bekannt, und zwar KUB 31.146, das aber keine neuen Textteile bot. Zwei weitere bisher noch unpublizierte Texte, Bo 7960 und Bo 6134, wurden von Otten H. - Rüster C. 1977a, 59-60 im Umschrift publiziert. Besonders interessant ist Bo 7960, dessen Rs. IV einen kleinen neuen Textteil enthält. H. Berman und H. Klengel 1977 publizierten Bo 6104 als KUB 48.86, ein Fragment, das nach einem Hinweis von H. A. Hoffner als Duplikat zu KUB 4.1 Rs. III 8-14 erkannt wurde1. 2002 erschienen zwei neue Editionen von CTH 422: eine mit Umschrift, Übersetzung und Kommentar von Jose Virgilio García Trabazo in seiner Sammlung von hethitischen religiösen Texten auf Spanisch, die andere, mit Übersetzung und Kommentar auf Französisch, von Isabelle Klock-Fontaneille. Miller J.L. 2006c, 237 hat den von ihm identifizierten neuen Join zwischen KBo 44.21 und KBo 52.28 mit der Anfangzeile von Vs. I und Vs. II veröffentlicht. Inhaltsübersicht Der Text von CTH 422 ist nur auf Sammeltafeln überliefert, die sich nach zwei Versionen unterscheiden lassen. Hauptvertreter der ersten Version ist KUB 4.1 (Ex. A) zusammen mit KBo 44.21 + KBo 52.28 (Ex. E) und Bo 3476 (Ex. F). Hier ist CTH 422 das erste Ritual der Sammeltafel und erstreckt sich bis fast zum Ende der Rs. III; danach folgt ein Mondomen (CTH 522). In der zweiten Version, zu der Bo 6134 (+) KUB 48.86 und Bo 7960 gehören, ist CTH 422 das zweite Ritual der Sammeltafel. Da nur die Rs. IV von beiden Exemplaren erhalten ist, bleibt der genaue Umfang des Rituals unbestimmt, auch wenn der Vergleich mit der ersten Version vermuten lässt, dass es auf Rs. III und vielleicht auch einem Teil der Vs. II geschrieben war. Das erste Ritual ist im Prinzip unidentifiziert; es könnte sich um ein militärisches Ritual handeln, wie die Termini za-aḫ-ḫi-ya, [w]a-al-ḫa-an-zi und tu-uz-zi (KUB 48.86 Vs. I 19'-21') vermuten lassen2. E. von Schuler bezeichnete CTH 422 als „Ritual vor Beginn eines Feldzuges gegen die Kaškäer“. Dass das Ritual kurz vor dem Anfang eine Feldzuges durchgeführt wurde, lässt sich aus den Schlusszeilen schließen: „(Dann) kehrt man zur Armee zurück (und) ebenso liefert man die Schlacht“ (A. Rs. III 13'-14'). Laroche zog es in seinem Catalogue des Textes Hittites vor, die Komposition mit dem Titel „Rituel d'évocation à la frontière ennemie“ als Evokationsritual zu betrachten Dieser Bestimmung folgten sowohl J. V. García Trabazo als auch I. Klock-Fontaneille. Allerdings gehört CTH 422 nicht zu dieser Textgattung stricto sensu3. Nach dem Incipit mit dem Titel des Rituals wird ein Schaf an eine Gruppe von Gottheiten geopfert (A. Vs. I 2-7). Das gleiche Opfer erhält, in einem selbständigen Paragraphen notiert, Zitḫariya, der die Hauptrolle in dem Ritual spielt (A. Vs. I 8-9). Ab dem folgenden Paragraphen (A. Vs. 11) beginnt ein langes Gebet für Zitḫariya, das noch in Vs. II weitergeht4. Da seine Kultplätze von den Kaškäern weitgehend verwüstet wurden, wendet sich Zitḫariya an die schon in den Anfangszeilen erwähnten Götter, damit sie ein Verfahren gegen die Kaškäer und ihre Götter einleiten. Dieses Verfahren ist noch Gegenstand des Anfangs von Vs. II. Hier und in den folgenden Zeilen wendet man sich an die Götter des Kaška-Landes, weil auch sie verantwortlich für die Verwüstungen im Land der Hethiter sind. In Rs. III, die die Schlusszeilen des Rituals erhalten, ist das Gebet beendet und anscheinend werden einige Ritualhandlungen (für die Götter des Landes-Ḫatti?) durchgeführt. Ganz deutlich ist, dass der Text Ähnlichkeiten mit dem Gebet von Arnuwanda und Ašmunikal (CTH 375) aufweist5. Alle Kopien von CTH 422 stammen aus der jh. Zeit (Schreiber von A ist Armaziti; vgl. dazu A. Rs. IV 42), die ursprüngliche Entstehungszeit des Rituals ist jedoch auf die Zeit von Arnuwanda I. und Ašmunikal zurückzuführen. Die Rolle von Zitḫariya als Hauptgottheit des Rituals macht einige Schwierigkeiten, vor allem weil er anscheinend keine direkte Verbindung zu den Kaškäern hat. Der Gott ist in dem formell ähnlichen Gebet von Arnuwanda und Ašmunikal über die Zerstörung von Nerik (CTH 375) nicht erwähnt. Ferner liegt sein Kultort, die Stadt Zitḫara, nicht in Nord-Anatolien, sondern in Zentral-Anatolien. Es gibt aber einen Passus aus den Res Gestae von Šuppiluliuma I. (KBo 14.3++ Rs. III 22'ff.), in dem man erzählt, dass Tutḫaliya III. (A-BU A-BU-YA im Text) auf dem Rückweg von einem Feldzug in dem Oberen Land (KUR UGU-TI) in die Stadt Zitḫara gelangte und dort die gesamte Armee (ÉRINMEŠ … pankun) eines Landes eintraf, dessen Name in der Lücke verloren gegangen ist, das jedoch mit den Kaškäern identifiziert werden könnte. Die ganze Vs. III enthält Erzählungen von Feldzügen gegen die Kaškäer, die immer mit dem Ausdruck LÚMEŠ/LÚKÚR URUKaška, d.h. ohne das Sumerogramm KUR, benannt sind. Die Armee wird natürlich besiegt, es ist aber denkbar, dass für eine kurze Zeit gegen Ende des Reiches von Tutḫaliya III. die Stadt Zitḫara mit den Kultorten seiner Hauptgottheit Zitḫariya von den Kaskäern besetzt wurde. Seit wann die Stadt Zitḫara unter Kontrolle des Feindes war ist schwierig zu beurteilen, jedoch deutet der Gebrauch der akkadischen Verbalform IKŠUD darauf hin, dass es sich um eine unerwartete und kurze Besetzung handelt. Daher scheint es plausibel, dass die Stadt Zitḫara auch während der Regierungszeit Arnuwandas I. von den Kaskäern erobert wurde. In diesem Fall handelte es sich wahrscheinlich um eine längere Besetzung. Eine andere interessante Textstelle für die Assoziation zwischen Zitḫariya und militärischen Tätigkeiten bietet der große Orakeltext ABoT 1.14++ Rs. V 12'-17' (CTH 568). Hier wird ein Fest für Zitḫariya nach einem Feldzug gefeiert: „Sobald der König von einem Feldzug zurückkommt und sobald man Zitḫariya in seinem Tempel lässt, liefert man für ihn ein Fest, gibt man zehn Ziegenböcke (und) Ernte aus dem Haus des Großvaters, … “. Die o.g. Argumente reichen meiner Meinung aus, die Rolle von Zitḫariya als Hauptgottheit in CTH 422 zu rechtfertigen. © Universität Mainz – Institut für Altertumswissenschaften – Abteilung Altorientalische Philologie 2016 |
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
|