index introductio imagines || partitura exemplar translatio bibliographia e-mail

CTH 394

translatio

Citatio: A. Chrzanowska (ed.), hethiter.net/: CTH 394 (TRde 23.03.2016)

[§1]
1 -- Folgendermaßen (spricht) Ašḫella, der Mann aus Ḫapalla:
2 -- Wenn im Lande oder im Inneren des Feldlagers eine Seuche ausbricht1,
3 -- dann führe ich dieses Ritual aus:
[§2]
4 -- Und dieses nehme ich2:
5 -- Wenn der Tag zur Nachtzeit wird,
6 -- welche Herren des Feldlagers auch immer alle (da sind),
7 -- jeder (von ihnen) stellt einen Widder bereit.
8 -- Ob die Widder aber hell oder dunkel (sind),
9 -- spielt keine Rolle.
10 -- Einen Faden weiße Wolle, rote Wolle, gelbgrüne Wolle füge ich ineinander,3
11 -- und er4 flicht sie zu einem (Faden) zusammen.
12 -- Dann füge ich 1 Perle?, 15 Ring (aus) Eisen und aus Blei zusammen
13 -- und binde es den Widdern um ihren Nacken und ihre Hörner.
14 -- Sie binden sie in der Nacht vor den Zelten an
15 -- und sprechen dabei folgendermaßen:
16 -- „Welche Gottheit sich (her)abwendet,
17 -- welche Gottheit diese Seuche (auch) verursacht hat,
18 -- diese Widder habe ich dir jetzt/hier angebunden.
19 -- Begnüge dich damit!“
[§3]
20 -- Am nächsten Morgen aber treibe ich sie aufs (freie) Feld.
21 -- Zu jedem Widder bringen sie 1 Kanne, ein Dickbrot (und) 1 Becher aus gebranntem Ton.
22 -- Vor das Zelt des Königs aber setzt er6 eine geschmückte Frau;
23 -- 1 ḫuppar-Gefäß Bier (und) 3 Dickbrote stellt er neben die Frau.
[§4]
24 -- Dann strecken die Herren des Feldlagers ihre Hände nach den Widdern aus
25 -- und sprechen folgendermaßen dabei:
26 -- „Welche Gottheit diese Seuche (auch) verursacht hat,
27 -- jetzt stehen die Widder hier (bereit).
28 -- Sie sind an Innereien, Herz und Glied7 sehr fett.
29 -- Ihr (der Gottheit) soll das Fleisch8 der Menschheit abermals verhasst sein!
30 -- Du sollst dich mit diesen Widdern zufrieden geben!“
31 -- Die Herren des Feldlagers verneigen sich hinter den Widdern,
32 -- auch (hinter) dem König (und) hinter der geschmückten Frau verneigen sie sich9.
[§5]
33 -- Dann schafft man die Widder, die Frau, das Dickbrot und das Bier mitten durch das Feldlager weg.
34 -- Sie treiben sie auf das (freie) Feld
35 -- (und) verlassen sie dann im Grenzgebiet des Feindes,
36 -- an einem Ort, an den unsere (Leute)10 nicht gelangen.11
37 -- Dabei spricht man ebenso immer wieder:
38 -- „Siehe, das Übel dieses Heerlagers, das für Menschen, Rinder, Schafe, Pferde, Maultiere und für Esel darin war,
39 -- haben jetzt diese Widder und die Frau aus dem Feldlager weggebracht.
40 -- Wer sie antrifft,
41 -- möge jene Bevölkerung diese böse Seuche an sich nehmen!“
[§6]
42 -- Am zweiten Tag, wenn es hell wird, stellen gleich am Morgen 6 Widder, 6 Ziegenböcke, 12 Kannen, 12 Becher, 12 Dickbrote, 1 ḫuppar-Gefäß Bier (und) 3 kleine Dolche (aus) Bronze bereit.
43 -- Sie treiben sie (sc. die Widder und die Ziegenböcke) auf das (freie) Feld an einen weiteren12 anderen Ort,
44 -- auch all dies nehmen sie mit.
45 -- Sobald sie sie ins (freie) Feld gelangen lassen,
46 -- schlachten sie sie zu Boden13.
47 -- Sie kochen sie nature14.
48 -- Sie breiten Laubwerk aus.
49 -- Fett, Dickbrote, und ein kleines Messer aus Kupfer ordnen sie nebeneinander an.
50 -- Ferner füllt man die Becher (und) die Kanne mit Bier.
51 -- Dann spri[cht] man folgendermaßen dabei:
52 -- „Nu[n] gleich beim ersten Mal … [ … ]15,
53 -- [ … ] haben wir [ … ] losgelassen.16
54 -- Jetzt haben wir d[ir, Gottheit,] hier vom Gegarten (und) außerdem Fleisch, Brot (und) Bier [ … ] … gegeben.
55 -- Oh Gottheit, nach Götterart [is]s (und) trink17
56 -- und dem Menschen aber überlasse nichts!“18
57 -- Sie verneigen sich tief
58 -- und gehen weg.
59 -- Solange sie die Gottheit versorgen,
60 -- legt niemand das Gerät (der Gottheit) auf den Boden
61 -- – es ist [nic]ht recht –
62 -- (und) (niemand) nimmt es später (wieder) auf.
[§7]
63 -- [Soba]ld aber sie sich von dem (Ort des) Ritual(s) wegbegeben,
64 -- streuen sie in das Wasser Salz hinein.
65 -- Sie waschen19 sich damit ihre Hände.
66 -- Ferner zünden sie zwei Feuerstellen an
67 -- (und) gehen mitten hindurch.
68 -- Davor bereiten sie zwei Ziegenböcke, ein ḫuppar-Gefäß Wein (und) fünf Dickbrote vor.
69 -- Er opfert20 die zwei Ziegenböcke für die Schutzgottheit der Opferzurüstung.
70 -- Er legt Brustfleisch, die rechte Schulter, Eingeweide, Herz (und) von dem Gegarten auf das Laubwerk.
71 -- Die Schutzgottheit der Opferzurüstung trinkt er dreimal21.
72 -- Sie essen
73 -- und gehen weg.
73a -- Zweiter Tag [beendet].22
[§8]
74 -- Wenn es am dritten Tag gleich am Morgen hell wird,
75 -- treiben sie einen Ziegenbock, ein männliches Schaf23 (und) ein Schwein her
76 -- und dahinter24 bereiten sie drei dicke Brote (und) ein ḫuppar-Gefäß mit Bier vor.
77 -- Sie treiben sie (sc. den Widder, das Schaf und das Schwein) auf das (freie) Feld an einen weiteren25 anderen Ort hin26.
78 -- Sie breiten Laubwerk aus.
79 -- (und) legen die drei Brote auf das Laubwerk.
80 -- (Mit den folgenden Wörtern) opfern sie den Ziegenbock, das männliche Schaf (und) das Schwein eben jener Gottheit,
81 -- (und zwar) (der) Gottheit, die diese Seuche im Feldlager verursacht hat:27
82 -- „Jene Gottheit soll essen und trinken!
83 -- Dem Lande Ḫatti und dem Heer des (Landes) Ḫatti gegenüber soll sie friedlich sein!28
84 -- Möge sie sich ihnen freundlich zuwenden!“
85 -- Dann essen (und) trinken sie
86 -- (und) gehen weg.
86a -- Dritter Tag beendet.29
[§9]
87 -- Wenn es am vierten Tag hell wird, treibt man gleich am Morgen einen Stier, ein Mutterschaf, drei männliche Schafe herbei,
88 -- (und zwar) ein Mutterschaf, zu dem ein Widder noch nicht gegangen (ist);
89 -- (es gibt) auch zehn Brote, ein ḫuppar-Gefäß Bier (und) ein ḫuppar-Gefäß Wein.
90 -- Sie treiben sie (sc. den Stier, das Mutterschaf und die Schafe) auf das (freie) Feld an einen weiteren anderen Ort.30
91 -- Er opfert31 ein Rind32 dem Wettergott,
92 -- das Mutterschaf hingegen der Sonnengottheit.
93 -- Die drei Schafe aber opfern sie allen Göttern.
94 -- Sie breiten Laubwerk auf dem Boden aus.
95 -- Er legt wieder33 Brustfleisch, rechte Schulter, Eingeweide, Herz und Dickbrot (und) von dem Gegarten hin.
96 -- Die Sonnengottheit des Himmels, den Wettergott und alle Götter trinken sie dreimal.
97 -- (Dann) essen sie
98 -- (und) gehen weg.
99 -- Eine Tafel.
100 -- Darauf sind drei Rituale aufgeführt.
101 -- Ein Ritual: Wort des Zarpiya:
102 -- „Wenn ein Jahr schlecht ist,
103 -- führen sie das Ritual des kelu durch“.
104 -- Ein Ritual: Wort des Uḫḫamuwa:
105 -- „Wenn im Inneren des Landes oder der Stadt immer gestorben wird“.
106 -- Ein Ritual: Wort des Ašḫella:34
107 -- „Wenn im Inner[en] des Landes oder im Inneren des [Heerlagers] eine [Seu]che ausbricht“.
1
Exemplar C: Wenn das Jahr schlecht (ist) und innerhalb des Feldlagers immer wieder gestorben wird .
2
Exemplar C: Und ich tue (es) aber folgendermaßen.
3
Exemplar D wird keine gelbgrüne Wolle erwähnt.
4
Wahrscheinlich richtig ist die Aussage von Kümmel 1987, 286 Anm. 8 a), nach der sich die 3. Sg. auf „jeden der Herren des Feldlagers“ (vgl. kolon 6-7) bezieht. Vgl. auch Anm. c) in Dinçol 1985, 23.
5
Text D: „2“.
6
Nach Kümmel 1987, 286 Anm. 17 a) bezieht sich das Subjekt der Verbalform auf den König. Das ist aber unwahrscheinlich, weil der König erst später erwähnt wird (kolon 32) und zu diesem Zeitpunkt wohl noch nicht an dem Ritual teilnimmt. Deswegen ist es wahrscheinlicher, dass hier, genau wie in kolon 11, jeder der Herren des Feldlagers der Agens ist (vgl. Anm. 4).
7
Exemplar D: UZUÌ „Fett“ anstatt UZUÚR wie in den übrigen Exemplaren.
8
Exemplar D: UZUÌ „Fett“ anstatt UZU wie in den übrigen Exemplaren.
9
Die Exemplare B1 und C1 geben die korrekte Verbalform wieder. Der Schreiber von KUB 9.31 (Ex. A) hat einfach das Zeichen -an ausgelassen (vgl. auch Dinçol 1985, 24). Ferner nimmt der König nie an Seuchenritualen teil – im vorliegenden Fall handelt es sich um eine indirekte Erwähnung. Für eine unterschiedliche Meinung vgl. Mouton 2016, 179 mit Anm. 2.
Zu dem „free-standing genitive independent pronoun“ vgl. Hoffner – Melchert 2008, 256 sub 16.62.
Zur Übersetzung dieser zwei kola vgl. CHD P, 333b. Anders Kümmel 1987, 286-287 (ohne periphrastische Konstruktion): „Sie gehen, ins Gebiet des Feindes hinein lassen sie sie weglaufen, (so daß) sie nicht an einen Ort von uns gelangen“.
„Einem weiteren (namma) anderen Ort“ in Bezug auf die kola 20 und 34.
Das enklitische Personalpronomen Akk.Pl.c. in den kola 43, 45 und 46 bezieht sich nur auf die sechs Widder und die sechs Ziegenböcke (vgl. kolon 42). Das Demonstrativpronomen Akk.Pl.n. bezieht sich auf die anderen in kolon 42 erwähnten Objekte.
Oder Man kocht sie ausgenommen. Die Bedeutung des Wortes pittalwa(n)- bleibt in diesem Kontext unsicher. Die Kontexte, die mit Öl, Brot und verschiedenen Materialien und Artefakten verbunden sind, verweisen auf die Bedeutung „einfach“, „rein“, „unbearbeitet“, „ohne Zusätze“, „schmucklos“, „ungemustert“ o.ä. Es ist unklar, ob sich diese Bedeutung auch auf Kontexte beziehen kann, die von gekochtem Fleisch handeln. Dagegen siehe hethiter.net/: CTH 716.2 §5 Anm.6 in Übersetzung, sowie hethiter.net/: CTH 757 §11, Zeile 65. Vgl. auch CHD P, 358-359.
Dinçol 1985, 24, schlägt folgende Ergänzung des Satzes vor: [Siehe, dir, der Gottheit, haben] wir gleich beim ersten Mal [die Nahrung] her[gebracht].
Dinçol 1985, 24, schlägt folgende Ergänzung vor: [dir, der Gottheit,] haben wir [6 Widder und 6 Ziegenböcke] losgelassen.
Für die Übersetzung der kola 55-56 vgl. HEG Š/2, 1086, und HW2 Ḫ, 607b. Vgl. Kümmel 1987, 287: „[ … ] vom Gegarten. Ferner haben wir (zusammen) mit Fleisch, Brot, Bier [ … ] gegeben“ und CHD Š, 508b: „Then we gave to the deity some cooked meat, bread (and) beer [ … ], (saying) 'You are a god (and act) in a godly manner. Eat (and) drink'“ (or w. double -za: „'You, O god, eat (and) drink as a god'“).
Vgl. CHD P, 53b: „but do not give(?) yourself under a human being“.
Verb Sg.
Zu bemerken ist der Subjektwechsel. Von hier bis kolon 71 dürfte der Ritualausführende selbst, Ašḫella, die Handlungen durchführen.
Ex. A fügt ḫalziyaš nach DLAMMA hinzu. Pace Kümmel 1987, 287 ist halziyaš nicht als akkadisches Lehnwort von ḪALṢI „Festung“ zu identifizieren (vgl. HW2 Ḫ, 111a). Dieser Zusatz bleibt unerklärt.
Nur in Exemplar E.
Exemplar B einfach „Schaf“.
Exemplar E „davor“.
„Einen weiteren (namma) anderen Ort“ in Bezug auf kola 20, 34 und 43.
Vgl. kolon 43 mit Anm. 12.
Kein Exemplar dieses kolon zeigt die enklitische Partikel der direkten Rede, deshalb wird kolon 81 als Apposition zum vorigen kolon interpretiert (vgl. anders kolon 26). Kümmel 1987, 287 lässt die direkte Rede hier beginnen.
Vgl. HW2 A, 532b-533a.
Nur Exemplar E.
Vgl. kola 20, 34, 43 und 77.
Für einen vergleichbaren Subjektwechsel siehe kolon 69 mit Anm. 20.
Evtl. Schreiberversehen in allen Abschriften, da in kolon 87 ein Stier (GU4.MAḪ) auf den Opferplatz hingetrieben wird.
Die selbe Handlung wurde schon in kolon 71 (ohne Erwähnung von dickem Brot) durchgeführt. Das könnte das Vorkommen des Adverbs/Postposition EGIR-pa „wieder“ erklären. Vgl. auch die völlig unterschiedliche Übersetzung in Kümmel 1987, 288, der der Variante des Exemplars C folgt (vgl. dazu Anmerkung 43 zu kolon 95 in der Umschrift).
Exemplar C: „Seuchenritual des Ašhella des Mannes aus Ḫapalla (ist) beendet.“

Editio ultima: Traductionis 23.03.2016