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CTH 400.1

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Citatio: S. Melzer – S. Görke (ed.), hethiter.net/: CTH 400.1 (TRde 20.04.2017)

[§1]
1 -- Folgendermaßen (spricht) Iriya, der Opferschauer:
2 -- Wenn ich eine Stadt von Blutschuld, Eid (und) Gerede der Menge behandle,1
3 -- bereitet man die Opferzurüstung2 vor
4 -- und legt sie nieder:
5 -- eine Hacke (aus) Bronze, einen Spaten (aus) Bronze, ein šatta-3 (aus) Bronze, Öl, Honig (und) dünne Brote.
[§2]
6 -- Und wo [die T]öpfer [den Lehm des] Flussuf[ers] gerade holen,
7 -- dorthin gehst du,
8 -- und zum Fl[ussu]fer sprichst du folgendermaßen:
9 -- „Mein Flussufer!
10 -- Ihn - warum kam ich?4
11 -- Warum strengte ich mich an?
12 -- - sollen sie sehen,
13 -- die [u]ralten [Götte]r, die [Bl]utschuld, Eid? (und) [Gered]e? [der M]enge reini[gen(?). ]
[§3]
14 -- [ … ] ... [ … ]
15 -- [ … ] ... [ … ]
(Bruch) (Lücke unbestimmbarer Größe)
16 -- [ … ] ... [ … ]
17 -- tekkuš5 [ … ]
18 -- Und den Lehm ... [ … ]
19 -- Und ihn ... [ … ]
20 -- Und ihn ... [ … ]
21 -- Und sie [ … ]
22 -- Und si[e …]
(Bruch) (Lücke unbestimmbarer Größe)
23 -- Dorthin ge[ht er?. ]
24 -- [ … ]
25 -- [ … ] nicht mehr ... [ … ].
26 -- [Und?] auf dem Weg mit der Hacke Leh[m] … -t
27 -- [... a]lles? nimmt er.
28 -- Und [ … ]… legt er dabei zum kullupi-6.
29 -- [ … ] nimmt er.
30 -- Und [ … ] des Lehms […] wieder.
31 -- [ … ] … und mit Öl (und) Honig bestreicht er.
32 -- [... au]s einem [Li]bationsge[f]äß opfert er.
33 -- [… sprich]t er.
34 -- „Dieser Lehm [ … ]
35 -- [un]d ihr [ … ] zu den unterirdischen Wasserläufen [ … ]
36 -- [ … ] wird es.
37 -- Auch ihr sollt kommen!“
38 -- „[... sind(?)] unter/neben den [G]öttern.
39 -- Und ihr [ … ] es.
40 -- [ … ] von [ … ] die Rechtssache, [ … ] des Blutes, [ … des Eides,] Gerede der [Men]ge.
41 -- Und Erde [ … legt man] vor den Göttern [nieder] .“
42 -- [ … ] ... [ … ]
(Bruch) (Lücke unbestimmbarer Größe)
43 -- [ … ]
44 -- [ ... br]ingt er hin.
45 -- ... [ … ]
46 -- [ … m]it einer Hacke, einem Sp[aten? … ]
47 -- Einen Zweig bricht er ab.
48 -- Und Holz und Lehm schafft er hin.
48a -- Schafft es hin.
49 -- Auch jenes legt man vor den uralten Göttern nieder.
50 -- Der Opferschauer sagt:
51 -- „Uralte Götter, nun ginge ich auch zu den Bergen.
52 -- Und jene werden euch beistehen.7
53 -- Und dort ent[scheidet] diesen Rechtsfall!“
54 -- Und dann nimmt er sich Dickbrot, Wein (und) Getränkespenden8.
55 -- Und er geht zum Wasser
56 -- und er sp[richt] folgendermaßen zur Quelle:
57 -- „Meer, Sumpf, große Quellen, klei[ne] Quellen, warum kam ich?
58 -- Warum strengte [ich mich] an?
59 -- Die Menschenkinder hat er wie ein Rind hinter die Umzäunung der Vieh[hürde] geworfen.9
60 -- Und Dickbrote, Wein (und) Getränkespenden brac[hte ich] euc[h].
61 -- (Nun) [sollt] ihr mir auch beistehen!“10
62 -- Die Wa[s]ser [antworteten folgendermaßen]:
63 -- „Fürc[hte] dich nicht!11
64 -- [Wir werden dir beistehen!]
65 -- Der Frosch [nimmt] es12 [mi]t dem Mund,
66 -- [und] schluckt [es] hinunter.
67 -- Der ḫar[ziyallaš13 nimmt es] mit dem šappu14.
68 -- Der Frosch bringt es [von den tiefen Täle]rn [zum Fluß] hin.
69 -- [Der Fluss trägt es ins Meer].“
-- (Bruch) (Lücke unbestimmbarer Größe)
70 -- [ … ] du? [ … ]
71 -- [ … ] ... Fleisch iss[t er?].
72 -- „[ … ] dein [ … ], dein Fuß, Träne[n? ...] war es.15
73 -- Du kamst in die Stadt hinein.“
74 -- „Und entweder hast du16 dich auf das Dach des Palastes gesetzt,
75 -- oder du hat dich auf das Dach des Tempels17 gesetzt.
76 -- Jetzt aber reinige den Palast und den Tempel!
77 -- Und wohin diese Krankheit, Blut, Göttereid gehen18,
78 -- du, šurašura-Vogel, geh!19 dorthin!
79 -- Und Blut (und) Eid soll(en) den Palast (und) den Tempel nicht ergreifen!“
80 -- „Und nicht irgendein! Zorn!
81 -- Und nicht irgendein Groll!“
82 -- Und du schwenkst sie im Haus, die [Vö]gel und den Ziegenbock.
83 -- Und er schläg[t] sie in den vier Ecken20.
84 -- Und du treibst sie hinaus.
85 -- Und den Adler und den Falken lässt er frei.
86 -- [Und] du gießt Wasser in die Rinne nach.
87 -- Dies aber gießt du wieder aus der Rinne21.
88 -- Und er spricht:
89 -- „Wie dieses Wasser zugrunde geht,
90 -- ebenso soll(en) diese Krankheit, Blut, Göttereid, Gerede der Menge (und) Greueltat zugrunde gehen.“
91 -- [Und] den Ziegenbock und den šurasura-Vogel schafft er durch die Stadt hindurch.22
92 -- Und von welchen Toren23 aus man die Menschen zum Töten24 hinabbringt,
93 -- auch jene bringst du von dort hinab.25
94 -- Und an welchem Ort die Menschen dort starben,
95 -- an jenen Ort bringst Du sie.
96 -- Den Ziegenbock verbrennt man
97 -- und den šurašura-Vogel vergräbt man.
98 -- Und er spricht:
99 -- „Wie dieser Ziegenbock und der šurašura-Vogel in die Erde26 hinabstiegen,
100 -- so so[ll(en)] (auch) diese Krankheit der Stadt Hatti, das Blut, der Göttereid, das Gerede der Menge ebenso in die Erde hinabsteigen.“
101 -- (Wenn) es ein Bergbewohner oder irgendein Steppenbewohner war,27
102 -- und er Wehgeschrei hinauf zu den [G]ött[er]n [des Him]mels rief,
103 -- sollen [die Gött]er [des Himm]els (und) die Götter der Erde es geben
104 -- und er soll es h[inunter] schaffen in die [dunk]le Erde
105 -- [und e]s soll zugrunde gehen.
106 -- [Und die ural]ten Götter (Akk.) [ … ] hi[nauf ...].
107 -- Die Vögel schwenkt er dabei,
108 -- ringsum trägt er [sie] fort.
109 -- Den Ad[ler] und den [Falk]en [lässt man] frei.
110 -- Erste Tafel.
111 -- Folgendermaßen (spricht) Iriya, der Opferschauer:
112 -- W[enn ich eine Stadt] wegen Blutschuld, Eid (und) jedem Ger[e]de behandle.
1
Vgl. für weitere Beispiele dieser Verwendung des Genitivs Hoffner H.A. – Melchert H.C. 2008a, 254 sub 16.49.
2
Text B add.: schnell
3
Siehe CHD Š/2, 311 s.v. šatta-; HEG Š 952.
4
Die Konstruktion ist unklar. Vgl. CTH 401.1 § 5' für einen ähnlichen Ausdruck. An dieser Stelle wird eine Verbindung von n=an=za mit dem Verb uwandu in Kolon 12 vorgeschlagen (zu -za au(š)- „verstehen“ siehe Hoffner H.A. – Melchert H.C. 2008a, 360). Vgl. HEG IV 294f. ohne Bo 8334.
5
Wort unbekannter Bedeutung.
6
HED K, s.v. kullupi.: "pruning-knife, serpette". Dies scheint der einzige Beleg für GIŠkullupi zu sein (sonst URUDU oder ohne Determinativ).
7
Vgl. HW2 Ḫ, 332b (mit Ergänzung uwateni [ ]): „Siehe, ihr (frühere Götter) werdet auch zu den Bergen kommen, (7) und jene werden sich (helfend) zu euch stellen“. Vgl. Melchert H.C. 2010e, 181 (mit Ergänzung uwate[r?]: „They (the primeval gods) have brought also the mountains, and the latter will join with them“.
8
Text H: „[ … Di]ckbrot und Wein nimmt er.“
9
Neu E. 1968a, 46 übersetzt "Die Menschen haben (mich) wie ein Rind in die Umzäunung? der Hü[rde] zurückgestoßen". Ähnlich auch HW2 Ḫ, 255b: „(Einer der) Menschen hat (mich) wie ein Rind hinter das Gatter(?) einer Hür[de] geworfen.“ Vgl. aber HW2 Ḫ, 528a (mit Ergänzung GU4-un man ḫa-tu!-[ga-i] nach dem Parallel (nicht Duplikat!) KBo 13.131 Vs. 12) : „(Einer der) Menschen hat (mich) wie ein Rind (14) hinter ein starkes Gatter(?) geworfen“.
Vgl. zu den letzten drei Kola HW2 Ḫ 255b.
Siehe für eine Analyse Hoffner H.A. – Melchert H.C. 2008a, 250 sub 16.32.
Nach HW2 Ḫ, 388a bezieht sich das enklitische Pronomen -at auf die Menschen.
Ein unbekanntes Tier, vorgeschlagene Interpretationen umfassen „Eidechse“ (HW 61), „Molch“( Siegelová J. 1971a, 72f.), „Schnecke“ (Watkins C. 1981a), „Salamander“ (Collins B.J. 1989a, 265-269) und „Ratte“ (HW2 Ḫ, 387f.). Die Belegstellen legen ein Wassertier nahe, da häufig neben Fröschen genannt, das Dinge tragen und sich schnell fortbewegen kann (vgl. Belege HW2 Ḫ, 387f., zu letzterem insb. Mastigga).
CHD Š, 209 „body part of certain animals“, gesagt von Ziegen, harziyalla- und Esel (?); vgl. auch die Diskussion bei Collins B.J. 1989a, 268.
Die zweite Person macht es recht wahrscheinlich, dass es sich hierbei um eine wörtliche Rede handelt, deren Beginn aber unklar ist.
Haas V. - Wäfler M. 1985a, 230 "er setzte sich", ebenso nächster Kolon.
Text: der Tempel.
Text Sg.
Text Pl. Vgl. HEG Š, 1206.
Oder „an die vier Ecken“, so Haas V. - Wäfler M. 1985a, 230.
Text: „in die Rinne“, so auch Torri G. 2007a, 674. Haas V. - Wäfler M. 1985a, 230, gehen davon aus, dass es sich bei GIŠŠEN und artaḫḫi- um zwei verschiedene Dinge handelt.
Kümmel H.M. 1967a, 158 übersetzt „Einen Ziegenbock und einen šurušura-(Vogel) bringt er mitten durch die Stadt“, so auch Torri G. 2007a, 674.
Kümmel H.M. 1967a, 158: „aus demjenigen Tore“, so auch Torri G. 2007a, 674.
Text J: „sie sollen töten“.
Haas V. - Wäfler M. 1985a, 231, übersetzen „Dann bringst du die Menschen, durch das gleiche Tor, durch das man (Menschen) zum Töten hinausführt“, aber die Text bietet keinen Grund zur Annahme, dass in diesem Teil des Rituals weitere Menschen involviert waren.
Eigentlich „aus der Erde“. Ebenso nächstes kolon.
So CHD L-N 79b, s.v. lulaḫ(ḫ)i-.

Editio ultima: Traductionis 20.04.2017