S. Görke und D. Sasseville (Hrsg.)

Citatio: S. Görke und D. Sasseville (Hrsg.), hethiter.net/: CTH 750.2 (INTR 2024-01-31)


CTH 750.2

Ein Festritual für die palaischen Götter

introductio



Kurzbeschreibung

Der fragmentarische Text enthält Beschreibungen von Opferungen an die Götter des palaischen Pantheons unter Mitwirkung des Königs, eines Palastbediensteten sowie einer ŠU.GI-Ritualexpertin, die auf Palaisch rezitiert. Die Opferungen umfassen zunächst Fleischopfer, anschließend Brotopfer von süßen und sauren Brotlaiben sowie die Libation von Wein aus Schafbockrytha aus Lapislazuli.

Texte

Exemplar AA₁KUB 41.26Bo 84Ḫattuša
+ A₂+ KUB 20.29+ Bo 580Ḫattuša
+ A₃+ IBoT 4.115+ Bo 1413Ḫattuša
+ A₅+ Bo 6717Ḫattuša
Exemplar BCHDS 5.172Bo 5615Ḫattuša

Editionsgeschichte

Groddek D. 2004i: 56 (sub Nr. 29) jointe den in KUB 20.29 enthaltenen Kolophon an KUB 41.26. Steitler Ch. 2020a: 426f. schlug Joins mit IBoT 4.115, VSNF 12.114, Bo 5549 sowie Bo 6717 vor. Aus inhaltlichen Gründen dürften VSNF 12.114 und Bo 5549 zu CTH 626 gehören. Gegenüber der Joinskizze von Steitler Ch. 2020a: 450 ist die Position von Bo 6717 direkt an Bo 1413 anschließend.

Tafeleigenschaften

Die wohl zweikolumnige Tafel Text A (KUB 41.26+) ist in ihrer Höhe fast vollständig erhalten, allerdings ist die Vs. I bis auf ca. 15 Zeilenanfänge und 20 mehr oder wenig vollständige Zeilen weitgehend verloren, die Vs. II ist völlig verloren, von der Rs. III haben sich ca. 17 Zeilen erhalten und die Rs. IV weist 25 Zeilen sowie einen Kolophon auf. Die Vs. von Text B (CHDS 5.172) dupliziert Zeilenenden der Rs. III und ca. 10 Zeilen der Rs. IV; darüber hinaus bietet die Rs. Zeilenenden von 3 Zeilen, die einem späteren Ritualabschnitt zuzuordnen sein dürften.

Paläographie und Handschrift

Text A (KUB 41.26+) weist einige spätjunghethitische Zeichenformen auf, zu denen die Zeichen UN ohne eingeschriebenen kleinen Senkrechten (z.B. Kola 17, 45, 52), ḪA mit nur einem Winkelhaken nach den beiden gebrochenen Senkrechten (z.B. Kola 15, 29, 47, 54, 4́59, 60) und DA ohne gebrochenen mittleren Waagerechten (z.B. Kola 1, 33, 42, 44, 51, 55) zu zählen sind. Die „sjh.“ Datierung, wie in der Konkordanz bereits angegeben, trifft demnach zu. Das Schriftbild der Tafel insgesamt weist große, dünne Keile auf; Zeichen wie UDU, RA, ŠU lassen manchmal 4 kleine, dünne waagerechte Keile erkennen. Der Kolophon weist die Schreibernamen Piḫawalwi und Palluwaraziti auf, die nach Gordin S. 2015a: 240 an das Ende der Regierungszeit Tutḫaliyas IV. datiert werden.

Ein ähnliches Schriftbild zeigt CHDS 5.172 (Text B), das allerdings in Kolon 12 noch ein DA mit gebrochenem mittleren Waagerechten erkennen lässt, daher eventuell eine unwesentlich ältere Niederschrift als Text A darstellt; die Aussage muss aufgrund der geringen Größe des Fragments und des Fehlens weiterer diagnostischer Zeichen (weder ḪA noch UN sind erhalten) vorläufig bleiben.

Intertextualität

Aufgrund der Nennung der Gottheiten, denen reihum Brotlaibe geopfert werden, kann der Text der Gruppe der palaischen Texte aus Ḫattuša zugeordnet werden. Dabei weist die Reihung einige Besonderheiten auf, die sie von denen anderer hethitisch-sprachiger Texte unterscheidet (siehe z.B. CTH 610.1). So werden im vorliegenden Text statt Ḫilašši Ḫilanzipa und statt den GUL-š-Gottheiten die GUL-zaniki-Gottheiten genannt. In beiden Fällen handelt es sich dabei um die palaischen Namensformen, die auch in den palaisch-sprachigen Festritualen belegt sind (siehe z.B. CTH 751.1). Die im weiteren Verlauf beschriebenen Riten, bei denen König und Palastbediensteter Brotlaibe und Wein aus Schafbockrhyta an die palaischen Götter opfert, findet sich in abgewandelter Form auch in Abschnitten des AN.DAḪ.ŠUM-Festes (siehe CTH 610.2).

Die Tafel wird im Kolophon als „erste Tafel eines Frühlingsfestes des Ziparwa“ bezeichnet. Beschrieben werden die Vorbereitung von Fleischteilen sowie die Opferung von Brotlaiben an die palaischen Götter und später Weinlibationen aus Tierrhyta, die aber im AN.DAḪ.ŠUM-Fest erst am zweiten, dem letzten Tag des Festes stattgefunden haben dürften. Daher wird hier von einem anderen Fest für Ziparwa und seine Götter ausgegangen.

Inhaltsübersicht

Abschnitt 1ID=8Fragmentarisch: wohl Opferungen, zu denen die ŠU.GI-Ritualexpertin auf Palaisch spricht
Abschnitt 2ID=9Bereitstellung von Fleischteilen
Abschnitt 3ID=10Opferungen von Brotlaiben an palaische Götter
Abschnitt 4ID=11Opferungen an alle Götter, Bereitstellung weiterer Speisen, darunter Milch, Butterschmalz und tuni-Brei
Abschnitt 5ID=12Fragmentarisch
Abschnitt 6ID=13Opferungen von sauren Brotlaiben und Wein aus Schafbockrhyta an palaische Götter (mit Lücke: Opferungen an Kammama, Šawašḫila, Ḫilašši fehlen)
Abschnitt 7ID=14Letzte Opferung für Ziparwa links vom Altar; der König verlässt den Tempel, geht in das ḫalentuwa-Gebäude; Ende des Ritualtages
Abschnitt 8ID=15Unzuordenbare Textabschnitte
Editio ultima: 2024-01-31